Thilo Reimers Rechtsanwalt, Dipl. Volkswirt, Würzburg

Überwachung von Arbeitnehmern

Am 19.02.2015 entschied das Bundesarbeitsgericht wann eine Überwachung eines erkrankten Arbeitnehmers zulässig ist.

Im konkreten Fall erkrankte eine Assistentin der Geschäftsführung nach mehr als sechsmonatiger Anstellung. Damit waren die Voraussetzungen für das Greifen von Kündigungsschutz nach dem KschG gegeben. Die Assistentin reichte nacheinander sechs Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ein; die zwei letzten aufgrund eines Bandscheibenvorfalls.

Der Arbeitgeber hielt das für vorgetäuscht. Deshalb beauftragte er einen Detektiv zur Überwachung. Dieser stellte Foto- und Videosequenzen her. Diese zeigten, dass die Assistentin mit ihrem Mann den Hund spazieren führte und sie zeigten den Besuch der Assistentin in einem Waschsalon.

Die Klägerin hielt die Beauftragung zur Observation für rechtswidrig und fordert ein Schmerzensgeld, wobei sie €10.500,-- für angemessen hielt. Sie habe durch die Überwachung erhebliche psychische Beeinträchtigungen erlitten, die ärztlicher Behandlung bedürfen.

Das Bundesarbeitsgericht führte aus, dass wechselnde Ärzte und wechselnde Krankheiten noch keine konkreten Anhaltspunkte seien, um eine Observierung zu rechtfertigen. Einer gerechtfertigte Überwachung müssten konkrete Tatsachen zugrunde liegen, die den Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschütterten. Das sei hier nicht der Fall. Die Richter sahen einen Schmerzensgeldanspruch der Assistentin wegen der zu Unrecht erfolgten Überwachung in Höhe von €1.000,-- als angemessen an. Ganz nebenbei: Die Kündigung war auch rechtswidrig - was erheblich teuer gekommen sein dürfte.

In einem früher entschiedenen Fall (BAG 26.09.2013, AZ: 8 AZR 1026/12) war eine Observation für zulässig erachtet worden. In diesem Fall hatte der Arbeitgeber bei der Krankenkasse eine Untersuchung durch den Medizinischen Dienst beantragt. Trotz zweimaliger Ladung erschien der Arbeitnehmer dort nicht. Das genügte dem BAG als konkrete Tatsache für eine Überwachung.

Wie man sieht, ist die Grenze zwischen zulässiger und nichtzulässiger Überwachung schwer zu ziehen. Nach den damit verbundenen Sanktionen (Schmerzensgeld und die ins Leere greifende Kündigung) sollte ein solches Vorgehen genau überlegt und auch anwaltlich abgesprochen sein.

Aus Sicht des Arbeitnehmers ergeben sich gute Perspektiven in Sachen Schmerzensgeld.

Rechtsanwalt Reimers

Pressemitteilung BAG Nr. 7/15, AZ: 8 AZR 1007/13