Thilo Reimers Rechtsanwalt, Dipl. Volkswirt, Würzburg

Freie Mitarbeit und Scheinselbstständigkeit II

Freier Mitarbeiter oder abhängig Beschäftigter ?.

Ob ein Beschäftigter Angestellter oder freier Mitarbeiter ist, landet immer wieder vor Gericht. Inzwischen birgt die Problematik nicht nur sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Stoff; hinzu kommt jetzt auch Arbeitsrecht.

Tatsächlich hatte das Bundesarbeitsgericht vor kurzem über folgende Frage zu entscheiden:

Der Arbeitnehmer hatte nach Kündigung seiner freien Mitarbeiterstelle ein sog. Statusfeststellungsverfahren eingeleitet. Hierbei wird festgestellt:
Ist er tatsächlich freier Mitarbeiter oder doch Angestellter.
Hier kamen die Sozialgerichte zu dem Ergebnis, dass er tatsächlich Angestellter gewesen sei. Dies hat erhebliche Konsequenzen für den Arbeitgeber. Dieser muss die komplette Sozialversicherung nachbezahlen, was bei längeren Beschäftigungszeiten erhebliche Summen sind. Man kann grob davon ausgehen, dass ein Drittel des Gehalts Sozialversicherungsbeiträge sind. Verjährung gibt es nicht. Sozialversicherungsbeiträge sind. Beim Arbeitnehmer gelten insoweit kurze Fristen, so dass ihn nur eine geringe Nachzahlungspflicht trifft.

Für den Arbeitnehmer hieß das gleichzeitig, dass Kündigungsschutzrecht gilt und die Kündigung obsolet war.

Der Arbeitgeber kam nun auf die pfiffige Idee, Lohn zurückzufordern.
Als Angestellter verdient man nur das übliche Gehalt eines Beschäftigten.
Als freier Mitarbeiter sind die Nettozahlungen deutlich höher, weil eben Sozialversicherungsbeiträge entfallen.
Diese Differenz wollte der Arbeitgeber zurück. Im besagten Fall waren das
über € 100.000,--.

Damit ist klar, dass man bei der Gestaltung des freien Mitarbeitervertrages Rechtssprechung der Gerichte berücksichtigen muss, wenn man nicht später böse Überraschungen erleben will.

Das BAG hat im Übrigen in seiner Begründung darauf hingewiesen, dass hier eine andere Prozesstaktik nicht zur Rückzahlung der € 100.000,-- geführt hätte ( BAG vom 26.06.2019, AZ: 5 AZR 178/18 ).

Die Tatsache, dass hier der Arbeitnehmer zur Zahlung verurteilt wurde, wird natürlich den einen oder anderen davor zurückhalten, ein Statusfeststellungsverfahren zu beantragen.


Rechtsanwalt
Reimers