Thilo Reimers Rechtsanwalt, Dipl. Volkswirt, Würzburg

Als Anwalt bediene ich auch Musiker. Ich sollte es besser wissen.

Da staunt der Laie und der Eingeweihte beginnt nachzudenken und peu a peu kenntnisreich zu schmunzeln :-) Nachdem ich 10 Jahre lang Kärrnerarbeit im Sanwood Tonstudio als Toninsch. geleistet habe, kenne ich wortreiche Diskussionen um den Wert von Arbeit wirklich zur Genüge. Denn Musiker zeichnen sich dadurch aus, dass anders als in jedem anderen Marktbereich, in den meisten Musikgeschäften noch richtig gehandelt wird, so wie der Tourist das vom türkischen Basar kennt. Im Tonstudio ist das nicht anders… Es ist nicht unbedingt so, dass das Spass machen würde - aber es gehört einfach dazu. Einer der besten Gegenüber beim typischen Tauziehen zwischen Musiker und Händler ist übrigens Hans Thomann. Der Eingeweihte weiß, was draus geworden ist (http://de.wikipedia.org/wiki/Thomann_(Unternehmen)) Nach Klärung des Finanziellen geht es eigentlich erst los.

Bei der Tonstudiobeziehung zwischen vor und hinter der Scheibe (Toninsch und Musiker sind aus akustischen Gründen durch eine Scheibe getrennt) sind grundsätzlich zwei vollständig unterschiedliche Typen zu unterscheiden:

Typ I der Rockmusiker: Heute schon Star, nur aus Gründen, die nur das Universum kennen kann, nicht jedem bekannt. Ausgestattet mit einem Ego so groß wie der Eifelturm und gleichzeitig empfindsam wie Prinzessin auf der Erbse. Es gilt seine Seele zu streicheln, ihn auf gar keinen Fall zu kritisieren. Alleine Lob hilft, um einen sog. „Take“ in den Kasten zu kriegen. Er ist von sich aus genial, mit der logischen Folge, dass Üben die Kollegen kompromitieren würde. Fehler machen die anderen. Er kennt den Dreck der Straßen von L.A./Bronx/Schweinfurt/Opferbaum - also irgendwie theoretisch jedenfalls - praktisch eher den von Opferbaum.

Typ II klassischer Musiker: Baut gerne Noten vor sich auf und kann einen 14-teiligen Notenständer einwandfrei entfalten. Er goutiert die Kenntnis von Intonation und das Hören, wenn sein gespielter Ton falsch ist. Dem Typus Rockmusiker ist so was ziemlich egal. Die klassische Musikerseele will gerne etwas gequält werden. Es ist nie perfekt, aber wir alle arbeiten daran, perfekt zu werden. Sein Timing variiert, will sagen, Temposchwankungen zeichnen ihn aus und sind deshalb hinzunehmen. 10 Minuten Musik bestehen gerne mal aus 183 jeweils einzeln eingespielten Schnipseln, die später zusammengeschnittenen werden - was Dritten gegenüber natürlich niemals zugegeben würde. Das Musikstudium ist wichtig und berechtigt per se zu höheren Gagen als Nichtstudierte. Im Gegensatz zum Rockmusiker ist er nicht der Gotttyp, sondern eher der primus inter pares ( pares natürlich nur Studierte ).

Heute lebt Typ II vor allen Dingen vom Unterricht oder vielleicht auch als Lehrer an einer Schule.

Typ I geht einen bürgerlichen Beruf als Steuerfachgehilfe oder Schreiner, im härtesten Fall als Umzugshelfer nach.

Wenn wir uns heute treffen, trennt uns keine Scheibe, sondern allenfalls - ein meistens unaufgeräumter - Schreibtisch. Und auch wenn ich liebend gerne die GEMA verklagen würde (dieser private Verein geriert sich als Freund der Musiker, ist aber deren Feind). Meistens geht es doch um ganz handfeste bürgerliche Probleme, schlimmstenfalls eine Scheidung. Ja, man mag es kaum glauben, auch Typ I hat inzwischen geheiratet.

Typ II wurde geheiratet, was im Ergebnis und bei der Frage der Höhe des Unterhalts aber keinen Unterschied macht.

Reimers