Thilo Reimers Rechtsanwalt, Dipl. Volkswirt, Würzburg

Wie man Opfer zu Tätern macht III

Der Angeklagte kam zu mir als bereits Verurteilter in Sachen § 164 StGB (Vortäuschen einer Straftat). Ihm war Folgendes passiert: Er hatte abends seinen Wagen auf einem öffentlichen Parkplatz abgestellt. Als er morgens wieder kam, fand er eine Lache Benzin unter dem Auto und ein Stück Holz im Tank, was offensichtlich die Lache verursacht hatte. Gleichzeitig fanden sich vier dicht aneinanderliegende Glaseinschlüsse in der Windschutzscheibe.

Kurzerhand ging der Geschädigte zur Polizei und stellte Strafanzeige. Dort wurde er dahingehend aufgeklärt, dass die Strafanzeige nur dann aufgenommen würde, wenn er einen konkreten Verdacht äußere. Den hatte der Angeklagte. Er vermutete stark den bösen Nachbarn hinter der Sache und nannte diesen namentlich.

Die Polizei untersuchte sodann den Tatort, empfand aber - auch weil sie anderweitig belastet war - wenig Neigung der Sache wirklich nachzugehen und erklärte dem Angeklagten kurzerhand: Es handele sich nicht um Sachbeschädigung; er sei wohl über einen Feldweg gefahren und habe sich dabei einen Steinschlag und eine Verletzung der Tankhaut zugezogen. Letztlich hatte man den Angeklagten wohl in Verdacht, dass er mit den Schäden seine Versicherung belangen wollte ohne dies konkret auszusprechen. Der Angeklagte wurde sodann wegen Vortäuschens einer Straftat verurteilt. In dem 13-seitigen Urteil ist der entscheidende Satz: „Dennoch hat der Angeklagte... gegen diese Männer... Strafantrag gestellt. Eine solche Anzeige ins Blaue hinein erfüllt den Straftatbestand der falschen Verdächtigung“.

Zweitinstanzlich wurde dieses Fehlurteil aufgehoben., das Verfahren eingestellt und sämtliche Kosten durch die Staatskasse übernommen. Meiner Argumentation, dass eine Anzeige „ins Blaue hinein“ kein Vortäuschen einer Straftat sei, wurde letztlich gefolgt. Dies ergibt sich aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes, aber auch aus der entsprechenden Kommentatur. Was bleibt dem Geschädigten auch de facto anderes übrig, wenn er einen konkreten Verdacht hat, aber diesen nicht nachweisen kann. Natürlich kann er dies nur mit Hilfe der Polizei.

Sicherlich mag so was das eine oder andere Mal überzogen sein. So hat Heinz Gerlach immer wieder gegen Unternehmen Strafanzeige gestellt und dann in seinen Gerlach-Reporten mit dem staatsanwaltschaftlichen Aktenzeichen für schlechte Presse der Unternehmen gesorgt. Dies war wohl mitunter Reaktion darauf, weil vorher die Unternehmen, die Dienste der Gerlach-Reports nicht in Anspruch nehmen wollten. So berichtet jedenfalls www.extremnews.com/berichte/wirtschaft/ am 23.10.2009. Auch die Staatsanwaltschaft Köln (AZ: 110 Js 752/99) schrieb eine entsprechende Verfügung. Gleichwohl wurde Heinz Gerlach - meiner Kenntnis nach - nie wegen Vortäuschens einer Straftat verurteilt.

Letztlich hat aber hier der Angeklagte nur das getan, was jeder vernünftige Staatsbürger ebenfalls getan hätte. Warum dies erst einmal zu einer Verurteilung führte, ist letztlich unerklärlich.

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