Thilo Reimers Rechtsanwalt, Dipl. Volkswirt, Würzburg

Internetuser und Cannabisuser

Das was gerichtstechnisch Hamburg für Internetuser ist (siehe hierzu unter Abmahnungen) ist Würzburg für Cannabisuser (gemeinhin Kiffer).

In der ganzen Republik wird der Fund geringer Mengen Cannabis nicht mehr abgestraft, sondern ein evtl. Verfahren eingestellt. Das ist in Würzburg anders. Insbesondere RiAG Wohlfahrt nimmt seine Aufgabe ernst und wird erzieherisch im Gerichtssaal tätig. Da wird dann nicht groß zwischen kiffen und koksen unterschieden; Crystal meth ist gar gänzlich unbekannt, aber alles dafür gleich gefährlich. 
Haschisch ist sogar besonders gefährlich, denn der Kokser vermisse irgendwann seine Nasenscheidewand, der Heroinabhängige finde keine Ader zum spritzen mehr, aber (nota bene!) der Kiffer merkt gar nichts - und das ist ein Problem - Pech halt! 


Der so abgeschreckte Jugendliche erklärt dann auch freimütig, dass er in Zukunft Alkohol trinken werde, weil er ja demnächst volljährig sei, was offenbar die Zustimmung des Gerichts findet. 
Sämtliche aktuellen Studien (Universität von Bristol im Fachjournal Lancet (Bd.369, S.1047, 2007) oder Aerzteblatt 17. August 2010 m.w.N.) zur unterschiedlichen Gefährlichkeit verschiedener Drogen werden kurzerhand mit der Erkenntnis in die Tonne getreten, dass eine Verteidigung durch einen Anwalt so kostenreich, wie sinnlos sei. 
Dann kommt Richter Wohlfahrt noch mit der Platitüde daher, dass Holland darüber nachdenke, Cannabiskonsum wieder unter Strafe zu stellen und übersieht dabei geflissentlich, dass Kalifornien ganz knapp vor der Legalisierung war und defacto (über Arztrezept) legalisiert ist und das dies in vielen weiteren Ländern der Fall ist (Lichtenstein, Spanien, Schweiz, Rußland). Ärgerlich ist einfach, wenn einer in der felsenfesten Überzeugung, das Richtige zu tun, sich jedwede neuere Erkenntnisse (und die sind ja z.T.  auch schon locker mal 20 Jahre alt) verbietet.

Solcher Art gestählt verläßt man den Gerichtssaal und weiß, dass es leichter ist einen Atomkern zu spalten, als ein Vorurteil.