Thilo Reimers Rechtsanwalt, Dipl. Volkswirt, Würzburg

Fast zehntausen Führerscheine abgenommen

Im Rahmen einer groß angelegten Aktion wurde in den Faschingshochburgen Köln, Düsseldorf und Mainz insgesamt über 10.000 Alkoholtestungen vorgenommen. Überraschend viele Teilnehmer wiesen Alkoholwerte jenseits der 1,6 Promillegrenze aus. Sie alle müssen nun den sog. Idiotentest ( MPU-Untersuchung ) absolvieren. Da die Durchfallquote etwa 60 % beträgt dürften die meisten ihren Führerschein abgeben müssen.

Das dürfte die Überschrift zu den nächsten Faschingsfeiern 2014 sein, wenn man das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz (Az.: 3 L 823/12.MZ) anwendet - und das tun immer mehr Straßenverkehrsämter.

Bisher war es so das ein bestimmter Promillewert in Zusammenhang mit, zumindest einer versuchten, Autofahrt gebracht werden musste. Jetzt genügt der Promillewert an sich. Das war passiert:

Der Betroffene randalierte auf einem Fest. Die Polizei nahm den Mann fest und nahm eine Blutprobe. Die Festnahme erscheint klar – der Mann hat randaliert – die Blutproben schon zweifelhaft; denn ein Auto war weit und breit nicht zu sehen. Der Mann hatte auch nicht vor, Auto zu fahren. Nun wurde die MPU (Idiotentest) verlangt. Das Verwaltungsgericht gab dem Straßenverkehrsamt mit dieser Forderung recht. Das Gericht argumentiert, dass es wissenschaftliche Erkenntnisse gäbe, nach denen jeder, der mehr als 1,6 Promille Alkohol im Blut habe, überdurchschnittlich alkoholgewöhnt sei. Das indiziere eine ausgeprägten Alkoholproblematik; deshalb bestehe die Gefahr von Alkoholauffälligkeit im Straßenverkehr.

Da der Betroffene zur Erreichung seiner Arbeitsstätte auf die Benutzung eines Fahrzeugs angewiesen sei, sei zu befürchten, dass er künftig unter Alkoholeinfluss das Fahrzeug führe. Damit sei die Anforderungen für einen medizinisch-psychologischen Test gegeben und nach dessen Nichtvorlage der Entzug der Fahrerlaubnis anzuordnen.

Dass jemand unter Alkohol randaliert, ist Anlass zum Eingreifen und vielleicht auch für eine psychologische Untersuchung. Nach der Logik des Verwaltungsgerichts muss aber jedem, der 1,6 Promille Alkohol im Blut hat - egal ob im Bett, auf einer Feier oder in einem Restaurant - der Führerschein (o. MPU) abgenommen werden. Zwar sind 1,6 Promille wirklich viel; das entspricht etwa 1,4 l Wein oder 6 bayrischen Pils bei einem normalen Erwachsenen. Den Schluss hieraus, nämlich jedem zu unterstellen, der einmal 1,4 Liter-Wein getrunken hat, er werde in Zukunft auch betrunken Auto fahren, halte ich doch für sehr gewagt bzw. unzulässig.

Die ÖPNV jedenfalls werden sich freuen.

Az.: 3 L 823/12.MZ Hier die Mitteilung des Gerichts http://www.mjv.rlp.de/icc/justiz/nav/a0b/broker.jsp?uMen=a0bc3768-b0b2-11d4-a737-0050045687ab&uCon=ee14040e-f62f-6831-9738-39b6077fe9e3&uTem=aaaaaaaa-aaaa-aaaa-aaaa-000000000042