Thilo Reimers Rechtsanwalt, Dipl. Volkswirt, Würzburg

Beitritt zu geschlossenen Immobilienfonds und die Durchgriffshaftung von finanzierenden Banken

In einer sich ankündigenden Entscheidung des Landgerichts Stuttgart geht es um den Beitritt zu geschlossenen Immobilienfonds und die Durchgriffshaftung von finanzierenden Banken.

Letztlich wird sich die Entscheidung gegen eine Volks- und Raiffeisenbank richten, die einen Fondanteil finanziert hat. Vor kurzem hat nämlich der BGH ( AZ: II ZR 395/01 ) entschieden, dass die Vorschriften des HaustürwiderrufsG auch in einem solchen Fall anwendbar sind, wenn ein Haustürgeschäft vorliegt und widerrufen wurde. Dies gilt nunmehr auch, wenn VerbraucherkreditG anwendbar war.

Mein Mandant erhält nunmehr die von ihm gezahlten Zinsen und Tilgungsleistungen zurück.

Hiervon sind abzuziehen, die vereinnahmten Erträgnisse des Fonds. Da die Tilgungsleistung über eine Lebensversicherung erfolgte, die an die Bank abgetreten wurde, ist diese Versicherung an meinen Mandanten zurückabzutreten.

Letztlich ist das schöne an der Entscheidung, dass die in der Regel noch solvente Bank in Anspruch genommen werden kann. Die geschlossenen Immobilienfonds sind oftmals mangels Masse nicht mehr angreifbar ( bzw. ein Angriff würde keinen wirtschaftlichenSinn machen ).

Das Urteil lautet wie folgt:

Landgericht Stuttgart

AZ: 8 O 593/03

In einer typischen geschlossenen Immobilienfondssituation habe ich erfolgreich den Kläger vertreten. Das Urteil lautet wie folgt:

Kläger / Volksbank Backnang e. G.

wird für Recht an erkannt:

  1. Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger € 49.141,—nebst 5 % Zinsen über den Basiszinssatz seit dem 09.08.04 zu bezahlen und die Ansprüche aus der bestehenden Kapitallebensversicherung unter der Vertragsnr… an den Kläger zurückzuübertragen ( Wert € 59.431,—).

  2. Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche des Klägers gegen das Grundstücks- und Vermögens- und Verwaltungs GbR Stuttgart Mitte 3 ( WGS-Fonds Nr. 28 ).

  3. Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus dem abgeschlossenen Darlehensvertrag vom 13.10.92 keine Ansprüche mehr zustehen.

  4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger und seine Ehefrau beteiligten sich 1992 mit 5 Anteilen an dem WGS-Immobilienfonds Nr. 28 Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Dazu nahmen sie bei der Beklagten ein Darlehen in Höhe von DM 176.190,—mit einem Auszahlungskurs von 92 % bei einem Zinssatz von 7,95 % auf. Im Darlehensvertrag ist festgehalten „Erwerb BGB-Anteil Stuttgart Mitte 3. Ein Darlehensbetrag von DM 130.000,—entfällt auf die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten“. Die Beklagte wurde in Ziffer 4.3 des Darlehensvertrages angewiesen den Betrag an den Treuhänder auszuzahlen. Zur Sicherung des Darlehens wurden die Fondsanteile an die Beklagte verpfändet. Daneben trat der Kläger eine Lebensversicherung an die Beklagte ab. Die am Ende des Formulars stehende Information über das Rechts- und Widerruf des Darlehensvertrages binnen einer Woche, die der Kläger und seine Ehefrau im November 92 gesondert unterzeichnet haben, enthält auch den Hinweis, dass dann, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen enmpfangen hat, der Widerruf als nicht erfolgt gilt, wenn das Darlehen nicht binnen zwei Wochen entweder nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückbezahlt wird.

Der notarielle Eintritt in die GbR erfolgte am 13.11.92 aufgrund notarieller Vollmachtserklärung des Klägers und seine Ehefrau vom 19.10.92. Die finanzierende Bank wurde dabei angewiesen das Darlehen auszuzahlen.

Im Werbeprospekt der WGS mbH Stuttgart war ausgewiesen, eine Vermittlungsprovision von DM 1.839,—. Von einer weiter bezahlten „Innenprovision“ erfuhren der Kläger und seine Ehefrau nichts.

Mit Schreiben vom März 04 an einen Insolvenzverwalter der WGS GmbH kündigte der Kläger und seine Ehefrau die Fondsbeteiligung fristlos. Mit prozessualem Schriftsatz vom 20.10.04 haben er und seine Ehefrau den Widerruf des Geschäfts nach dem Haustürwiderrufgesetz und die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erklärt.

Mit der Klage fordert der Kläger den bezahlten Darlehenszins zuzüglich Ausschüttung des Fonds in der Differenz von € 49.149,29 zurück, die Rückabtretung der Lebensversicherung sowie das von der Darlehensvaluta in Abzug gebrachte Disagio von € 9.006,40.

Die Ehefrau des Klägers hat ihre Ansprüche an den Kläger abgetreten.

Der Kläger bringt weiter vor, zu dem Beitritt zur GbR samt Finanzierung bei der Beklagten, seien er und seine Ehefrau vom Anlagevermittler R. bestimmt worden. Dort sei eine Beitrittserklärung und der Darlehensantrag unterschrieben worden. Die entsprechenden Formulare habe der Vermittler R. mitgebracht. Er habe die Anlage damit angepriesen, dass sie ganz erheblich zur Steuerersparnis beitrage. Es handele sich um eine sichere Anlage mit beträchtlichen Wertsteigerungspotential. Durch Mieteinnahmen und Steuervorteile trage sie sich nahezu von selbst. Die monatliche Nettobelastung belaufe sich auf höchstens DM 66,—pro Anteil. Tatsächlich betrage sie zwischenzeitlich über DM 230,—pro Anteil.

Nicht nachgekommen sei die Beklagte der Hinweispflicht, dass das Anlageobjekt risikobehaftet gewesen sei. Die Beklagte habe erkannt gehabt, das die Mietprognose unrealistisch gewesen sei.

Unwirksam sei die Fondsbeteiligung auch deshalb, weil sie von der dort zu erteilten Vollmacht gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoße, jedenfalls nicht ausreichend gewesen sei.

Steuervorteile hätten sie nur in 1992 in Höhe von DM 11.129,—und im Jahr 1993 in Höhe von DM 2.482,—gehabt.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie bringt vor, die unrealistisch hohe Mietprognose sei ihr nicht aufgrund einer Risikobewertung bekannt gewesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze verwiesen.

Über die Behauptung des Klägers wurde der Zeuge R. und die Ehefrau des Klägers vernommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist ganz überwiegend begründet.

  1. Der Kläger kann von der Beklagten die auf das Darlehen bezahlten Zinsen abzüglich der Ausschüttung des Immobilienfonds gem. § 3 HausTWG alter Fassung zurückverlangen. Es handelt sich um einen Betrag von € 49.141,—. Die auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung haben der Kläger und seine Ehefrau, vertreten d. d. Prozessbevollmächtigten, wirksam nach § 2 Abs. 1 HausTWG widerrufen. Die beiderseits empfangenen Leistungen sind gem. § 3 HausTWG zurückzugewähren. Die Beklagte ist deshalb zur Erstattung der vom Kläger geleisteten Zinsen verpflichtet.

a. Der Darlehensvertrag unterfällt dem HausTWG. Dies wird nicht durch die Regelung des ehemaligen VerbraucherskreditG verdrängt.

§ 5 Abs. 2 HausTWG, der bei Geschäften, die zugleich die Voraussetzung eines Geschäfts nach dem VerbraucherkreditG erfüllen, den Vorrang der Bestimmungen des VerbraucherkreditG postuliert, ist nach dem Urteil des OLG .... vom 13.12.01, gem. Urteil des BGH vom 09.04.02 ( NJW 2002, S. 1881 ) und ( NJW 2004, S. 2731 ) konform der Haustürgeschäftsrichtlinie des Rates der EG dahin auszulegen, dass Darlehensverträge auch Personalkredite, dem § 5 Abs. 2 HausTWG mit einem Ausschluss des HausTWG nicht unterfallen, soweit das Widerrufsrecht des VerbraucherkreditG nicht so weit reicht, wie das jenige des HausTWG. Das im VerbraucherkreditG bestimmte Widerrufsrecht beträgt nur 1 Jahr ( § 7 Abs. 2 VerbraucherkreditG alter Fassung ), wo hingegen das Widerrufsrecht nachdem HausTWG bei fehlender oder fehlerhafter Widerrufsbelehrung gem. § 2 Abs. 1 S. 4 HausTWG noch bis einem Monat nach beiderseits vollständiger Erbringung der Leistung ausgeübt werden kann. Die Auslegung im Sinne der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts in das nationale Recht nach Artikel 249 Abs. 3 EGV überschreitet nach Auffassung des BGH nicht die von der Rechtssprechung bei der Ausschickung von gesetzten einzuhaltenden Grenzen ( BGH NJW 2004, S. 2731, S. 2732 ). Auch stünden Vertrauensschutzgesichtspunkte im Hinblick auf die zurückliegende Rechtspraxis der Richtlinien konform Auslegung nicht entgegen ( vgl. ebenda ).

b. Gem. § 2 Abs. 1 HausTWG waren der Kläger und seine Ehefrau bei einem HaustürG im Sinne des § 1 HausTWG dahingehend zu belehren, dass sie auf den Vertragsschluss gerichtete Erklärung binnen einer Frist von einer Woche schriftlich widerrufen können, die rechtzeitige Absendung des Widerrufs zur Wahrung der Frist genügt und der Lauf der Frist erst beginnt, wenn eine Durchschrift der Information über das Recht zum Widerruf ausgehändigt worden ist. Weitere Erklärungen durfte die Widerrufsbelehrung nicht enthalten.

Die im Darlehensvertrag von den Klägern unterschriebene Belehrung enthielt indessen den weiteren Hinweis, dass dann, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen empfangen hat, der Widerruf als nicht erfolgt gilt, wenn er das Darlehen nicht binnen zwei Wochen entweder nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückbezahlt.

Der letztere Hinweis genügt den Anforderungen des HausTWG nicht…

Der Widerruf war damit noch möglich. Die einwöchige Widerrufsfrist hat nicht zu laufen begonnen, da die Belehrung dem HausTWG nicht entsprochen hat.

Die Willenserklärung zum Abschluss des Darlehensvertrages kann entsprechend § 1 Abs. 1 Nr. 1 Abs. 2 HausTWG in einer Haustürsituation zustande…

c. Die Beweisaufnahme hat zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass der Kläger ... und seine Ehefrau ... in ihrem Architekturbüro von dem Betriebsmitarbeiter R. ohne vorausgegangene Bestellung bestimmt worden sind. Der Zeuge R. hat bekundet, dass er dem Kläger den WGS-Immobilienfonds bei einem seiner wiederkehrenden Besuche in dessen Architekturbüro oder Wohnung mit einem Prospekt vorgestellt hat, nachdem er zum Kläger einen freundschaftlichen Kontakt gestanden hat und ihmvon Berufs wegen in Versicherungsangelegenheiten beraten hatte. Die unterschriebenen Unterlagen holte er nach seiner Aussage wieder beim Kläger ab, nachdem sich dieser wahrscheinlich noch mit seinem Steuerberater besprochen hatte, und begleitete ihn auch zur notariellen Beurkundung seiner Vollmachtserteilung für die Beitrittserklärung zu den Fonds.

Die Ehefrau sagte als Zeugin aus, dass der Vermittler R. ihnen den Fonds im Architekturbüro nach Feierabend als gute Möglichkeit Steuern zu sparen durch einen Prospekt angepriesen habe, wohl auch noch mit ihrem Steuerberater Kontakt aufgenommen hat und ihm die Zeichnung von 5 Anteilen empfohlen hat, wobei sie sämtliche Unterschriften im Architekturbüro geleistet haben.

Die Finanzierung des Fondsbeitritts bei der Beklagten ist hiernach auf eine Haustürsituation ( mündliche Verhandlung am Arbeitsplatz des Verbrauchers ) zurückzuführen, zumal der Darlehensvertrag am 13.10.92 vor der notariellen Vollmachtsbeurkundung am 19.10.92 unterzeichnet wurde. Verhandlungen außerhalb des Architekturbüros des Klägers oder seiner Wohnung zur Finanzierung der Immobilienfondsangelegenheit haben nicht stattgefunden. Erfasst werden von § 1 Abs. 1 Nr. 1 HausTWG auch der Arbeitsplatz eines Freiberuflers in seinem Geschäftsraum ( vgl. OLG Düsseldorf, Betriebsberater 99, S. 1784 ).

Der Begriff „mündliche Verhandlung“ in § 1 Abs. 1 Nr. 1 HausTWG ist weit auszulegen. Es genügt jedes werbermäßige Ansprechen eines Kunden, jede Kontaktaufnahme, die auf einen späteren Vertragsschluss abzielt…

Die Haustürsituation muss sich die Beklagte zurechnen lassen. Sie hatte sich im Vorfeld dem Fondinitiator gegenüber zur Finanzierung von Fondsbeteiligungen bereit erklärt und ihre Darlehenskonditionen genannt. Auch war sie dadurch in das Vertriebssystem des Fonds eingebunden, da sie den Vertrieb , die Darlehensverträge vorbereiten ließ und die Kunden selbst nicht empfing. Sie wusste, dass die Fondsanteile im Strukturvertrieb verkauft wurden, potentielle Kunden, also auch zu Hause oder am Arbeitsplatz angesprochen werden. Bei einem Strukturvertrieb muss der Beklagte jedenfalls mit solchen Verkaufsmethoden rechnen und diese in ihrer Erwägung einbeziehen. Obwohl der Darlehensantrag und die Kenntnisnahme von der Widerrufsbelehrung die Ortsangabe Stuttgart enthalten, hatte die Beklagte bei der weiten Entfernung des Wohnortes des Klägers Anlaß sich danach zu erkunden, auf welche Umständen der ihr ohne Mitwirkung übermittelte Darlehensantrag beruht ( BGH NJW 2003, S. 1390 und BGH NJW 2004. S. 2731 f… ).

d. Der Widerruf führt zur Unwirksamkeit des Darlehensvertrages…

aa. Der Beitritt zum Immobilienfonds und der Kreditvertrag bilden ein verbundenes Geschäft entsprechend § 9 Abs. 1 und Abs. 4 VerbraucherkreditG. Die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit folgt aus § 9 Abs. 1, S. 2 VerbraucherkreditG. Die Beklagte hat sich beim Abschluss des Kreditvertrages der Mitwirkung von Vertriebsmitgliedern des Immobilienfonds bedient…

bb. Der Schutzzweck des HausTWG gebietet dabei bei wirtschaftlich einheitlichen Geschäften im Sinne des § 9 VerbraucherkreditG die Wirkung des Widerrufs auf das andere Geschäft zu erstrecken ( BGH NJW 2004, S. 2731 ff ).

e. Die Unwirksamkeit der verbundenen Geschäfte aufgrund Widerrufs nach dem HausTWG hat nach ständiger Rechtssprechung des BGH nicht zur Folge, dass der Darlehensnehmer das Darlehen zurückzahlen muss ( vgl. BGH NJW ebenda ). Das vom Kreditnehmer Erlangte im Sinne von § 3 HausTWG beschränkt sich auf den Gesellschaftsanteil bzw. nach Widerruf auf das Auseinandersetzungsguthaben bei der Fondsgesellschaft sowie erhaltene Ausschüttung des Fonds, die der Kläger bei seinem Zahlungsantrag in Abzug gebracht hat. Der Verbraucher soll so gestellt werden, wie wenn er das wirtschaftlich einheitliche Geschäft nicht abgeschlossen hätte. Dementsprechend war auf dem Feststellungsantrag, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, die Darlehensvaluta zurückzuerstatten, stattzugeben.

f. Die Rückabwicklung des Empfangenen gem. § 3 Abs. 1 HausTWG hat Zug um Zug zu erfolgen ...

Erlangte Steuervorteile muss der Kläger nicht ausgleichen. Sie werden von der Rückabwicklung nicht erfasst. Es handelt sich um kein ......... der Darlehensvaluta. Eine Rolle spielen nur die Leistungen, die im Verhältnis der an dem Verbundgeschäft Beteiligten geflossen sind ( BGH, Wertpapiermitteilung 2004, S. 1527 ff. )

  1. Die dem Kläger zugesprochenen Zinsen rechtfertigen sich aus §§ 291, 288, BGB.

  2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, 344 ZPO.

Ein interessanter Artikel zu Krediten im Allgemeinen:

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