Thilo Reimers Rechtsanwalt, Dipl. Volkswirt, Würzburg

Ärger mit der Telekom / O2 / Vodafone / etc.

Der Kläger nutzt das Internet via smartphone über eine der oben genannten Gesellschaften. Die Gesellschaften ziehen - wie üblich - per Lastschrift vom Bankkonto ein. Sie sind sog. Zugangsprovider. Für eine Pauschvergütung von € 19.79 hatte der Kläger die Möglichkeit 40 Stunden Internet zuzüglich verschiedener Sicherheitspakete zu nutzen. Eine darüber hinausgehende Nutzung war zeitabhängig kostenpflichtig.

Der Kläger zahlte jahrelang diesen Pauschaltarif. Von Januar bis Juli verlangte der Zugangsprovider nun erheblich höhere Beträge, nämlich um die € 600,-- pro Monat. Diese wurden selbstverständlich vom Konto eingezogen.

Es stellte sich nun heraus, dass der vom Kläger benutzte Router 24 Stunden die Verbindung zum Internet hergestellt hatte - ohne das das tatsächlich genutzt worden wäre. Dies erfolgte automatisch. Der Kläger verlangt vom Zugangsprovider Rückzahlung der abgebuchten Rechnungen, sowie Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten.

Das interessante an der Entscheidung des BGH hierzu - der Kläger bekam recht - ist in mehrfacher Hinsicht die Begründung:

Es bleibe der Nachweis offen, ob dem Kläger die Inanspruchnahme seines Internetzugangs (nicht) zuzurechnen sei. Zwar bleibe der Anschlussinhaber auch vergütungspflichtig, wenn Verbindungen ohne seine Billigung hergestellt werden, soweit die Ursachen hierfür in seiner technischen Sphäre liegen. Denn der Kläger (und Anschlussinhaber) muss nach § 276 Abs. 1 BGB alle ihm zumutbaren geeigneten Vorkehrungen treffen, um eine von ihm nicht gebilligte Nutzung seines Anschlusses zu unterbinden. Zumutbar sind diejenigen Maßnahmen, die einem gewissenhaften durchschnittlichen Kunden bekannt sind und zu deren Durchführung er mit vertretbarem Aufwand in der Lage ist. Trifft er jedoch diese Maßnahmen und kommt es gleichwohl zu einer nicht gebilligten Inanspruchnahme der Leistung, hat der Provider gem. § 45 Abs. 4 S. 1 TKG keinen Vergütungsanspruch; Selbst wenn die Ursache für die Nutzung des Anschlusses in der technischen Sphäre des Inhabers liegt.

Im Übrigen schließt sich der Senat der Auffassung an, nach der der Telekommunikationsanbieter bei ungewöhnlichem Nutzungsverhalten (wie hier, ständige Verbindung eines Routers mit dem Internet bei zeitabhängigem Tarif), das zu einer Kostenexplosion führt, zur Schadensbegrenzung verpflichtet ist, den Kunden zu warnen und den Internetzugang ggf. kurzfristig zu sperren (LG Bonn, KundR 2010, S. 679, LG Kleve, Urteil vom 15.06.2011, AZ: 2 O 9/11 und zum permanenten Einwählen eines Mobiltelefons in einen analogen Internetzugang: LG Feldkirch (Österreich !!), Urteil vom 07.09.2010, AZ: 2 R 284/10w, 17, http://www.vol.at/2012/02/Entscheidung-LG-Feldkirch-2r284_10w.pdf). Der Verweis auf diese Entscheidung ist umso überraschender, als deutsches Gerichte selten auf österreichische Rechtsprechung verweisen.

Im Übrigen sei gem. § 45 N Abs. 6 Nr. 5 TKG der Anbieter öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste verpflichtet, geeignete Einrichtungen anzubieten, um die Kosten der Inanspruchnahme der Telekommunikationsdienste zu kontrollieren. Diese Befugnis schließt die Verpflichtung zu unentgeltlichen Warnhinweisen bei anormalen oder übermäßigen Verbraucherverhalten ein. Hier, in der genannten Konstellation habe der Vertragsgegner (Provider) eine überlegene Sachkunde, womit ihn gem. § 241 Abs. 2 BGB Hinweis- und Aufklärungspflichten zur Wahrung der Leistungs- und Integritätsinteresse seines Vertragspartners träfen, wenn dieser mangels eigener Kenntnisse der Gefährdung seiner Belange nicht selbst im ausreichenden Maß entgegenwirken kann (BGH vom 15.03.2012, AZ: III ZR 190/11).

Und weil´s so schön ist hier der Tenor der o.g. österreichischen Entscheidung:

IM NAMEN DER REPUBLIK

2 R 284/10w

2 2 R 284/10w

Das Landesgericht Feldkirch als Berufungsgericht hat durch den Richter Hofrat Dr. Höfle als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Ciresa und Dr. Kempf als weitere Senatsmitglieder in der Rechtssache der klagenden Partei *** AG, vormals *** vertreten durch Hartl Rechtsanwalts GmbH in Linz, gegen die beklagte Partei K*** vertreten durch Dr. Richard Bickel, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen EUR 1.159,29 sA, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 14. Juni 2010, 7 C 713/09b-15, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt: Der Berufung wird nicht Folge gegeben. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen zu Händen des Beklagtenvertreters die mit EUR 280,75 (darin enthalten an USt EUR 46,79) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen. Die Revision ist jedenfalls unzulässig.

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